Krutow würdigte den neuen TV-Sender als prächtige Alternative zu den staatlichen Sendern, in denen seiner Meinung nach "Gewalt, Brutalität und menschliche Leidenschaften im Rennen um Quoten und Gewinn" propagiert würden. Krutow gehört zu den 500 Personen, die jüngst in einem Brief an die Generalstaatsanwaltschaft das Verbot jüdischer Organisationen in Rußland gefordert hatten.
Neben Krutow werden geistliche Würdenträger, weitere nationalpatriotische Abgeordnete der Rodina-Fraktion und Leute wie Alexander Dugin die Inhalte bestimmen. Dugin ist ein zäher Verfechter der eurasischen Idee, der zufolge sich Rußland - seiner eigenen Größe bewußt werdend - seine Position zwischen Orient und Okzident als eurasische Großmacht einnehmen muß.
Ähnlich denkt auch die Führung der russisch-orthodoxen Kirche. Deren Oberhaupt, Patriarch Alexi II., sah sein Land vor nicht allzu langer Zeit gar im Kriegszustand mit dem Westen. Auf einer Versammlung der orthodoxen Bistümer Rußlands behauptete er, "gegen unser Volk wird ein gutgeplanter, unblutiger Krieg geführt, der seine Vernichtung zum Ziel hat". Lawrence Uzzell, Leiter der International Religious Freedom Watch und intimer Kenner der religiösen Angelegenheiten in der früheren Sowjetunion, sieht im gegenwärtigen Moskauer Patriarchat "die letzte überlebende Sowjetinstitution".
Für den Kreml ist die orthodoxe Kirche ein willkommener Helfer bei der Abwehr vermeintlicher Gefahren durch "bunte Revolutionen". Rußland habe bereits eine rote durchlebt, agitierte Wsewolod Tschaplin, "Vizeaußenminister" der Kirche, vor Aktivisten der Kreml-Jugend "Naschi" in ihrem Sommerlager. Eine weitere, orangefarbene werde lediglich zu Chaos und Blutvergießen führen.
Von diesem Geist getragene Fernsehprojekte kommen dem Kreml, der zweifellos im Hintergrund die Fäden zieht, wie gerufen. Die Kirche selbst dementiert eine unmittelbare Beteiligung am neuen TV-Kanal. "Dennoch sind wir sehr daran interessiert und werden ihn allseitig unterstützen", sagte ein Sprecher der Orthodoxie in Moskau. Die Pressesprecherin von Erlöser-TV, Maria Jarzewa, teilte mit, daß die Russische Consulting-Gruppe einer der Geburtshelfer ist. Der Chef der Gruppe, Alexander Batanow, ist zugleich Generaldirektor des Senders. Über die anderen Mitgründer und Investoren wollte Jarzewa nichts sagen. Es seien Privatpersonen, die anonym bleiben wollten.
Manfred Quiring